Einen Tag später und dieser Film beschäftigt mich immer noch, hallt weiter nach, wie ein Mensch den man unerwartet trifft und mit dem man sich auf Anhieb versteht als sei man seit Jahren befreundet. Ein gutes Zeichen. Wer nicht weiß wovon ich rede, bitte zuerst den Eintrag von gestern lesen.

Zuerst zu Enid (Thora Birch), die den inneren Druck verspürt, anders als die restlichen Durchschnittstypen an ihrer Schule zu sein. Sie hat kein Rollenmodell, ihr Vater ist ein fast durchsichtiges Weichei, eine Mutterfigur ist nicht vorhanden. Enid ist erwachsen genug um sich einen eigenen Weg zu suchen, noch nicht reif genug um zu erkennen, dass Protest um jeden Preis kein gangbarer Weg ist und zu jung um die Konsequenzen zu ertragen. Sie braucht das Gefühl in keine Schublade zu passen, daraus auch noch eine Tugend zu machen und sich ohne den geringsten Selbstzweifel überlegen zu fühlen. In weniger plakativer Form kenne ich das aus meinem Werdegang selbst recht gut. Grad wir Weblogger meinen doch uns von der Masse abzuheben weil wir tun was wir tun, egal wie gut oder schlecht.

Der Charakter der mich aber noch mehr fasziniert ist Steve Buscemis Seymour. Ihn eben als Loser abzustempeln wäre zu einfach und Buscemi schafft es eine ganze Reihe von Facetten und Schichten an Seymour herauszuarbeiten. Auf den ersten Blick ist er der Jazz- und Blues-Schellacks sammelnde alternde Nerd ohne Interesse an seiner Umwelt, der keinen Wert auf seine Kleidung legt. Trotz seines minimalen Selbstbewußtseins hat er die Hoffnung eine Frau zu finden aber längst nicht aufgegeben. Er hat seine Nische in der Kunst der 50er und 60er gefunden, geht damit aber so kritisch um, dass man ihm nicht vorwerfen kann der Eklektik verfallen zu sein. Zu intelligent um glücklich zu sein erkennt er auch: "I don't want to meet somebody who shares my interests, I hate my interests!". Im Grunde ist er ein Zyniker mit einer versteckten romantischen Ader, eine weitere Beschreibung die ich auch so über mich abgeben würde.

Was Ghost World die letzte Stufe über andere Filme stellt ist, dass er nicht den Fehler macht ausschließlich schadenfroh über seine Protagonisten zu sein oder gar bösartig zu werden (wie manche Teenie-Sommer-Komödie) sondern de Zuschauer genug liebenswertes an allen Charakteren finden läßt. Es gibt keinen einzigen peinlichen Moment bei dem man wegschauen möchte oder angewidert das Gesicht verzieht. Und so wiederhole ich mich: schaut euch Ghost World an, jeder der auch nur eine Macke hat, gelgentlich andere Leute beobachtet und sich nicht als der exakte Durchschnitt der Bevölkerung fühlt wird sich köstlich amüsieren.

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