Alleine in die Mittagspause und ich mache es wie die meisten Amerikaner, ich gönne mir heute mal einen Burger. Also ab zum nächsten In-N-Out, denn wenn schon Fast Food, dann mit Qualität. Weiße Fliesen, rote Akzente, Kunststoffbänke, vergangene Zeiten werden hier künstlich am Leben erhalten. Das wird noch deutlicher, wenn ich mir das Personal ansehe: Teenager mit kurzgeschorenen Haaren in weißer Diensttracht, stets darum bemüht einen perfekten Job zu machen. Die könnten alle in American Graffiti mitspielen, so Klischee sind sie. Mein Verkäufer heißt Erin und sieht aus wie Chris Penns kleiner dicker Bruder. Ich bestelle mir mein Menü Nummer 3 (den Burger Animal Style, bekomme meinen Pappbecher und hole mir erst mal meine Lemonade. Man muss schon mal 5 Minuten warten, bis die Bestellung frisch zusammengestellt ist. Diese Wartezeit ist ideal um die anderen Gäste zu beobachten, schließlich gibt es immer was zu sehen, entdecken, lästern.
Am Ende der Reihe kleiner Tische setzt sich ein junges Pärchen zu seinen Fritten, er im orangen Phi Beta Gamma T-Shirt einer lokalen Studentenverbindung, sie ein junges College-Girl in Jeans und Sweater. Sie setzen sich gegenüber, albern etwas herum, dann nimmt er ihre Hände, beide senken den Kopf, schließen die Augen und er spricht ein Gebet. Erst jetzt beginnen sie langsam und ernsthaft zu essen.
Ein Typ in Anzug und Krawatte versucht mit ein paar Servietten Ketchup vom Revers zu polieren. Eine Frau mit buntem Hut hat Probleme den Deckel auf ihre Cola zu bekommen weil ihre Fingernägel zu lang sind. Zwei Briefträger in ihrer blau-grauen Uniform sitzen in der Ecke und unterhalten sich lauthals.
Und dann bemerke ich sie: eine wahre Erscheinung mit einem vorwitzigen Näschen, mittellangen braunen Haaren, umwerfenden Augen und ich nehme niemanden sonst mehr wahr. Sie steht vor der Kasse, überlegt was sie sich bestellen soll, hält ihre Handtasche am Träger neben der Brust fest, blickt in Zeitlupe über ihre Schulter, ihr Blick streift an mir vorbei ohne Kenntnis zu nehmen, und sie fragt ihre Freundin nach Geld. Als sie sich zurück dreht hat sie ein kleines, erleichtertes Lächeln auf den Lippen und für einen Moment kenne ich genau ihr Gesicht während eines Orgasmus. Noch bevor meine Phantasie mit mir durchgeht ruft Chris Penn »Number. 80. Please.« und der Moment ist vorbei. Der Burger schmeckt, die übrigbleibenden French Fries bekommen die Vögel vor der Tür und ich fahre tagträumend zurück ins Büro. Not bad at all.

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