Liebes Tagebuch,
der Zustand meiner Küche nimmt stündlich schrecklichere Formen an und dabei ist der Geruch noch das geringste Übel. In der Spüle türmen sich neben der normalen Unmenge schimmliger Teller auch etliche Bananenschalen, Zigarettenkippen sowie ein junger Kakerlakenstaat. Letzterer scheint sich neben den Maden im Bauch der toten Ratte angesiedelt zu haben. Es begann damit an, dass der Abfluss nur mehr gurgelte und der Kaffeesatz einfach nicht mehr ablaufen wollte, somit lohnte es gar nicht mehr weiter abzuspülen. Am grintigen Herd war schon der Vormieter oder sein Vorgänger gescheitert und die Dunstabzugshaube ist in Wahrheit eine von Beuys an die Wand gedübelte Friteuse, soweit man das unter der verfilzten Staub-Fettschicht erkennen konnte. Ich hatte bis vorgestern noch versucht halbwegs essbare organische Stoffe aus dem Kühlschrank zu kratzen und in der Pfanne zuzubereiten, bis dann diese Ratte kam und ich ihr nur das stumpfe Nutellamesser in den Wanst rammen konnte bevor sie mich in den Finger biss. Irgendwo da drin müssen blöderweise auch die Hausschlüssel sein und ein paar letzte Euro - damit könnte mir wenigstens eine Pizza kaufen gehen, aber wie soll ich die nur finden in diesem Chaos, wo doch Dantes neunter Höllenkreis ein japanischer Ziergarten gegen meine Anrichte ist.

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